3. Vor- und Nachteile

Kleinmembranmikrofone sind technisch gesehen Großmembranmikrofonen in mancher Hinsicht überlegen. Vielfach wird angenommen, die Größe der Membran sei entscheidend für die Basswiedergabe. Das ist nicht der Fall. Anders als bei Lautsprechern hat die Membranfläche keinen Einfluss auf die Übertragung tiefer Frequenzen. Auch kleinste Mikrofonkapseln von nur wenigen Millimetern können prinzipiell tiefste Bässe übertragen.

Gleichmäßiges Richtverhalten

Der wichtigste Vorteil von Kleinmembranmikrofonen gegenüber Großmembranmikros ist das gleichmäßigere Richtverhalten. Bei großen Membranen kommt es bei hohen Frequenzen zu einer Verengung des Aufnahmebereichs. Schall, der seitlich auf die Membran trifft, klingt deutlich matter als Schall, der senkrecht auftrifft. Je größer die Membran, desto matter klingen seitlich angeordnete Schallquellen. Nimmt man einen Sänger auf, spielt dieser Effekt keine Rolle, weil dieser ja direkt vor dem Mikrofon steht. Will man aber große Klangkörper erfassen wie z.B. ein Schlagzeugset oder gar ein ganzes Orchester, werden einzelne Instrumente brillanter aufgenommen als andere. Ein ungleichmäßiges Klangbild ist die Folge. Bei Kleinmembranmikrofonen tritt dieser Effekt nicht oder weniger stark auf.

Großmembranmikrofon (Microtech Gefell M930)

Die Abbildung zeigt ein typisches Großmembranmikrofon (Microtech Gefell M930); man sieht deutlich wie das Aufnahmefeld bei hohen Frequenzen enger wird.

Kleinmembranmikrofon (Microtech Gefell M294)

Die Abbildung zeigt ein Kleinmembranmikrofon (Microtech Gefell M294). Hier bleibt die Nierencharakteristik relativ konstant.

Präzises Impulsverhalten

Kleine Membranen zeigen ein präziseres Impulsverhalten. Da die Masse der Membran geringer ist, schwingt die Membran weniger nach, wenn sie von einem Schallimpuls getroffen wird. Das Kleinmembranmikrofon klingt „genauer“ als ein Großmembranmikrofon.

Ein anderer Vorteil des Kleinmembranmikrofons ist die geringere Gesamtgröße. Ein voluminöses Mikrofongehäuse führt oft zu Resonanzen, die das Klangbild verfälschen. Außerdem – aber das ist ein eher theoretischer Punkt – beeinflussen Schallreflexionen durch das Gehäuse das Schallfeld. Das Mikrofon soll ja eigentlich „unbeteiligt“ aufnehmen, ohne selbst Teil des Schallereignisses zu werden.

Rauschverhalten

Wo so viele Vorteile sind, muss auch irgendwo ein Nachteil sein, sonst würde ja niemand Großmembranmikrofone einsetzen. Der einzige Punkt, in dem Großmembranmikrofone Kleinmembranmikrofonen technisch überlegen sind, ist das Rauschverhalten. Eine große Membran erzeugt ein kräftigeres Signal als eine kleine Membran. Folglich hat die große Membran einen besseren Rauschabstand (d.h. Differenz zwischen Rauschen und Nutzsignal). Dieser Faktor war vor allem in den Anfangstagen der Kondensator-Mikrofontechnik ausschlaggebend für die weite Verbreitung von Großmembranmikros. Mit der damaligen Verstärkertechnik war es schwierig, einen sehr guten Rauschabstand zu erzielen. Beim Stand der heutigen Technik sind auch mit kleinen Membranen sehr rauscharme Aufnahmen möglich. Dennoch: ein gewisser Unterschied bleibt: Ein extrem rauscharmes Großmembranmikrofone wie das Neumann TLM 103 hat ein Eigenrauschen von etwa 7 dB-A. Ein extrem rauscharmes Kleinmembranmikrofon rauscht mehr als doppelt so viel. Ein Rauschen von 15 dB-A ist aber immer noch sehr leise und wird in den meisten Fällen ohnehin vom Raumgeräusch verdeckt.

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